Elba – nicht ohne meine Wanderschuhe

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„Urlaub abzugeben“, lautete der verzweifelte Aufruf einer Freundin, auf ihrer Facebook-Chronik, angehängt ein Foto einer Ferienwohnung in ‚Innamorata’, einem kleinen Örtchen auf der italienischen Insel Elba.

Wenn Italien ruft, kann ich kaum widerstehen und einem Ort der „Verliebt“ heißt noch weniger. Obwohl Elba nicht sonderlich weit oben auf meiner Wunsch-Reiseziel-Liste stand, ließen die Erinnerungen an mein Toskana-Abenteuer im Frühling sofort mein Herz aufgehen und die Lust, wieder die Koffer zu packen war geweckt. Wie verrückt dieses Vorhaben „Italien im August“ war, darüber machte ich mir wenig Gedanken.

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Die Ernüchterung folgte auf dem Fuße; wie teuer Flug, Mietwagen, Fähre, etc. in der Hauptsaison sind, ließen mich fast schon bereuen, aber kaum in Pisa gelandet war es wieder da: „das Glücksgefühl Toskana!“ Der Weg zur Fähre im gut 100 Kilometer südlich entfernten Piombino, mit einem kurzen Abstecher in die schöne Küsten- und Hafenstadt Livorno war schnell geschafft und die Fährüberfahrt mit Ankunft in Elba’s Hauptstadt Portoferraio – gerade in warmes, feuriges Sonnenuntergangslicht getaucht, versprach zwei herrliche Wochen auf dieser Insel.

Die verhältnismäßig kleine, dennoch drittgrößte Insel Italiens (27 Kilometer lang und 18 Kilometer breit), bei deren Kontur ich unweigerlich an einen Guppyfisch denken muss, ist selbst in den heißesten Mittelmeermonaten mit mildem Klima gesegnet.

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Angenehme 30 Grad, meist von einer leichten, inseltypischen Brise begleitet erwarteten mich, dazu badewannenwarmes Wasser, in allen Farben leuchtenden Oleanderbüsche, noch nie gesehene Schmetterlinge, sympathische und  freundliche Inselbewohner, und: Menschen über Menschen, und Autos über Autos, welche allesamt das dünne Straßennetz Elba’s verstopften. Na klar, es ist August, der Monat in dem fast alle Italiener Urlaub haben und diesen zu gern auf heimischen Inseln, wie Elba verbringen.

„La Isola d’Elba“ wird besonders wegen ihrer wunderschönen, zahlreichen und abwechselungsreichen Strände bereist (goldene, schwarze, weiße, bunte – so heißt es in diversen Reiseführern), die ich jedoch unter all den Menschen kaum ausmachen konnte. Schnell wurde mir klar, das ist eine Insel, auf der man gut zu Fuß sein muss, denn die wenigen Parkplätze an den Stränden nehmen nur einen Bruchteil der Besucher auf, die ab der frühen Mittagszeit in Scharen strömen.

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So werden kilometerlang die Küstenstraßen zugeparkt, Stoßstange an Stoßstange. Glücklich, der, der mit der Vespa oder dem Motorrad unterwegs ist. Die anderen sah ich laufen, schwitzen, stöhnen und schleppen. Den Schirm, die Liegen, Proviant für den Tag, Wasserbehälter, Kinder die steilen und langen Wege hinunter zum Strand und irgendwann wieder hinauf.
Als Anfang der 80er der Bergbau (bis dato wurde hier vor allem Eisenerz abgebaut) auf der Insel eingestellt wurde, entwickelte sich der Tourismus zur wichtigsten Einnahmequelle. An jede etwas größere Sandbucht wurde ein „villaggio turistico“ – ein Touristendorf – gebaut, in denen man zwar den italienischen Charme gänzlich vermisst. Welche aber die Pflege des Strandes und das Angebot vor Ort, wie Rettungsschwimmer, mietbare Liegen und Schirme, Kajaks, Tretboote und Minimärkte, Gastronomie, manchmal auch Animation, sichert.

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Sucht man einsamere Strände ohne ein solches Angebot ist man gern bis zu drei Stunden zu Fuß unterwegs. Die teilweise noch nicht mal mit dem Fahrrad befahrbaren Wege fordern viel Freude am Laufen und rutschfestes Schuhwerk. Belohnt wird man jedoch durch unsagbar schöne Ausblicke, die abwechselungsreiche Tier- und Pflanzenwelt und unerwartete Entdeckungen, wie verlassene Mienen, zurückgelassene und langsam von der Natur zurück eroberte Ruinen und Gerätschaften.

Noch abenteuerlicher zu erreichen sind einige in Reiseführern als „Must-See“ empfohlene Sehenswürdigkeiten, wie das Schloss Volterraio oder das Kreuz über Porto Azzuro, oberhalb der Wallfahrtskirche Madonna di Monserrato. Eine Wander- oder gar Kletterausrüstung habe ich mir gewünscht. Vor allem aber Wanderschuhe sind empfehlenswert, da es steil und unbefestigt bergauf (und später natürlich und teils noch schwieriger bergab) geht, über Stock und Stein, Geröll, Wurzeln, Felsrippen…

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Nachdem es sich also als gute Idee herausstellte, die berühmten Strände nur am unter weniger Andrang leidenden Morgen und Abend zu genießen (ein Traum in der Bucht von Fetovaia in die untergehende Sonne landeinwärts zu schwimmen!), stand somit tagsüber die Erkundung der grünen Insel im Fokus.

Herrliche Panoramaaussichten entlang der Küstenstraßen, besonders im Westen und Süden, der fast ständige und oft in mehrere Richtungen vorhandene Meerblick, historische Städte wie Capoliveri, Rio Nell’Elba und Marciana (um nur ein paar und meine Lieblingsorte zu nennen).

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Die aufregende Fahrt mit der Seilbahn (man steht ca. 20 Minuten in einem kleinen, gelben Gitterkäfig, in den man an den Stationen rein- und wieder rausspringen muss) auf den höchsten Berg Elbas, den Monte Capanne mit seinen stolzen 1019 Metern, von dem man die ganze Insel überblicken kann und einen 360 Grad Meerblick hat, die farbenreiche Fauna und Flora und natürlich der Wein und das Essen machten für mich diese Insel auch im August zu einem tollen Reiseziel.

So beeindruckend übrigens Portoferraio mit seinem kulturellen Angebot ist, Napoleon habe ich auch dort vergeblich gesucht. An dem Ort, an dem er sich während seines Exils 1814-1815 niederließ, ist er mir nur auf einer Bier-Reklame „begegnet“. Aber wer braucht schon Napoleon, wenn er an jeder Ecke sensationell köstliches, italienisches Gelato bekommt – mein persönliches und tägliches Highlight.

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1 Kommentar

  1. Hallo Mareen

    Hallo Karin

    Wir sind soeben Elba nach Hause gekommen und sind der gleichen Meinung wie du. Elba ist wirklich wunderschön. Und auch wir haben unser „Steinmannli“ auf Elba hinterlassen 😉

    Danke für deinen Bericht, gefällt mir sehr gut.

    Liebe Grüsse

    Sabine